Dienstag morgen um 5:20 Uhr war es soweit. Wir standen auf, zogen unsere Arbeitskleidung an, aßen kurz, cremten uns ein und um 6:10am ging der Bus zur Farm namens „Rocky Ponds“. Die Fahrt dauert etwa 40 Minuten. Daniel und Ich waren in zwei unterschiedlichen Teams.
Um 7am ging
es dann los: Zuerst plückten wir rote Paprika. Das ganze läuft so ab, dass auf
einer Spur ein Traktor mit Anhänger fährt, der links und rechts ein Förderband
über 6 Paprika-Reihen hat. Pro Reihe ist ein Fruitpicker und man muss alle
roten Paprikas pflücken. Wenn der Traktorfahrer – der Supervisor – bemerkt,
dass man mehrere Paprikas übersehen hat, wird man angeschnauzt und aufgefordert,
besser und schneller zu arbeiten. Der Traktor fährt zwar recht langsam, doch
man fällt oft zurück und muss dann noch schneller arbeiten. Ein Tag dauert von
7 Uhr bis 17 Uhr. Um etwa 10Uhr wird eine 15min „Smoko-Break“ gemacht und um 13
oder 14 Uhr ist 45min Lunch. Pro Stunde verdient man 21,60A$.
Das alles
hört sich recht gut an und man freut sich auch, wenn man abends weiß, dass man
etwa 200A$ gemacht hat, aber die Rückenschmerzen, die man hat, wenn man fast
10h pro Tag durchgehend gebückt ist und dauerhaft Stress und Druck hat und man
schon nach einem Tag Blasen an den Händen hat, sind einfach unerträglich. In
meinem ersten Blogeintrag hatte ich ja erzählt, dass ich vor Australien 3
Monate in einer Metallfabrik gearbeitet habe und dachte derzeit, dass Arbeit
kaum anstrengender sein kann. Doch während der Zeit auf dem Feld wünschte ich
mir, ich würde einfach wieder in der Fabrik arbeiten, denn im Gegensatz zum
Fruitpicking war das gefühlt Kinderkram.
Am nächsten
Tag waren erst gelbe Paprika, dann grüne dran. Die Gelben sind am einfachsten,
da man sie gut sieht und bei den Grünen muss man einfach alles was man sieht
picken, da diese immer zuletzt geerntet werden und alles was noch da ist, grün
ist.
Am
Nachmittag pickten wir dann Melonen. Das ist auch anstrengend, weil diese recht
schwer sind und man etwa 750 Stk. pro Stunde pickt, das heißt etwa alle 5
Sekunden eine und man jede einzeln abschneiden und aufs Förderband heben muss.
Wenn der Traktor dann nach einiger Zeit komplett voll war, hatte man etwa 8-10
Minuten Zeit, in der man oft etwas von den leckeren Melonen.
Am dritten
Tag pickten wir nur Melonen und am Nachmittag kam einer der Supervisor zu mir
und schrie mich an „If you cut any more Melons, I cut you off!“ – Sozusagen
eine Morddrohung. Geil, am dritten Tag! Mir wurde wohl vorgeworfen, Melonen
absichtlich eingestochen zu haben, damit ich diese nicht pflücken muss, was
zwar volliger Nonsense ist, da ich das nicht gemacht habe, aber naja. Ich
machte ganz normal weiter und auch am nächsten Tag war alles wie sonst, die
Rückenschmerzen immer stärker, immer mehr Blasen an den Fingern und dann kam
die 1. Smokobreak um 10 Uhr. Wir kamen gerade zurück vom Feld, als der
Supervisor, der mich am 3. Tag angeschnauzt hat, zu mir kam und nur meinte „You
can sign off now, someone will get you home now.“
Ich wurde gefeuert!
Etwa eine
halbe Stunde später kam dann auch ein Mitarbeiter des Working Hostels und holte
mich ab. Ich dachte, das wars jetzt und Daniel meinte auch, er mache jetzt noch
bis Sonntag die Arbeit und dann fahren wir weiter, denn diese Schmerzen, der
Druck und alles, das wollten wir nicht mehr ertragen. Das hört sich vielleicht
aus Deutschland so an, alsob wir beide einfach zu faul wären oder nicht fit
genug, aber man kann sich einfach nicht vorstellen, was für Schmerzen und
Qualen das sind. Man fühlt sich total ausgenutzt und wie in einem Arbeitslager.
Am
Nachmittag klopfte es dann an die Tür von unserem Van. Es war die Leiterin des
Working Hostels, die es sehr amüsant fand, dass ich gefeuert wurde und meinte,
dass passiere hier häufig und sagte, ich hätte schon am gleichen Tag ab 15 Uhr
eine neue Arbeit: Packer in einem Coldroom. Sie meinte, ich solle mir ganz
warme Sachen anziehen und ich war zum ersten mal froh, auch ein paar lange Skisocken
eingepackt zu haben. Und das alles anzuziehen war auch nicht verkehrt, denn
denn es war wirklich Arschkalt an meinen neuen Arbeitsplatz: -20°C! Das hätte
ich mir auch vorher nicht vorgestellt, im heißen Australien bei derartigen
Temperaturen zu arbeiten.
Ich musste
nun tiefgefrorene Paprika aus kleinen Kartons in einen großen Bin umschütten,
diesen wenn er mit 38 kleinen Kartons voll ist zumachen und verstauen und einen
neuen großen Bin anfertigen. Diese Arbeit war deutlich angenehmer als
Fruitpicking. Man verdient zwar auch nur 18,86A$/h aber dafür hat man keine
Schmerzen. Allerdings wurde man hier natürlich nicht fürs rumstehen bezahlt,
denn es gab dauerhaft was zu tun, was aber gut war, denn so ging die Zeit sehr
schnell rum. Meine Schicht ging von 15 Uhr bis Mitternacht. Ich habe mich viel
mit den Asiaten und einem Australischer unterhalten und ich hätte diese Arbeit
auch gerne länger gemacht, doch am nächsten Tag musste ich feststellen, dass
mein erster Arbeisttag im Coldroom auch mein letzter war.
Daniel
arbeitete ja immernoch auf der Farm und wollte diese Arbeit nicht länger als
diese eine Woche machen – was ich auch total verstehen kann – doch andere
Arbeit gab es momentan nicht im Working Hostel und so beschlossen wir, am
Sonntagabend aufzubrechen und erstmal weiterzureisen Richtung Sydney, wo wir
Silvester verbringen wollen.
See you and
have a nice day!
Cheers,
Markus